Elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Wirkungsweise von Form- und Kernschlichten |
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1 Einleitung
Form- und Kernschlichten nehmen seit je eine Sonderstellung unter den Gießereihilfsstoffen ein. Auf der einen Seite beansprucht die Tätigkeit des Schlichtens nur eine sehr geringe Zeit des Gießers. Daraus resultiert oft die Tatsache, daß der Schlichte und dem Schlichten nicht die gleiche Aufmerksamkeit geschenkt wird wie anderen Tätigkeiten in der Gießerei. Auf der anderen Seite steht die Schlichte während der gesamten Formgebung in direktem Kontakt mit dem herzustellenden Gußstück. Sie beeinflußt nicht nur sein Aussehen, sondern auch die metallurgische Beschaffenheit seiner Oberfläche. Daher erscheint eine ausführliche Beschäftigung mit Form- und Kernschlichten gerechtfertigt zu sein. Die in der Literatur vorgeschlagenen
Prüfungsverfahren für Schlichten [1,2] beziehen sich meist auf
die Produkte im Anlieferungszustand. Diese Prüfungsverfahren sind
zur Sicherstellung einer gleichbleibenden Qualität, z. B. im Rahmen
von Qualitätssicherungsprogrammen unabdingbar. Allerdings geben sie
allein keinen Aufschluß über das Verhalten entsprechender Schlichten
im Einsatz unter Gießbedingungen. Hinweise und Kriterien zur Bewertung
von Formstoffüberzügen bei Gießtemperaturen sind in der
Literatur nur spärlich vorhanden, z. B. in [3, 4]. Daher sollen die
im folgenden Beitrag beschriebenen elektronenmikroskopischen Untersuchungen
dazu beitragen, die Kenntnisse auf diesem Gebiet zu erweitern. Gleichzeitig
soll damit eine Anregung gegeben werden, auch die Rasterelektronenmikroskopie
(REM) als Untersuchungsmöglichkeit verstärkt zur Bewertung von
Schlichten einzusetzen.
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2 Aufgaben
von Form- und Kernschlichten
Form- und Kernschlichten sind Suspensionen
feuerfester Füllstoffe, mit denen Formen (Kokillen) oder Formstoffe
(Sandformen und -kerne) beschichtet werden. Sie sind daher zu allererst
als Trennmittel anzusehen und sollen ein gutes Lösen der gegossenen
Werkstücke von den Formen bzw. den Formstoffen ermöglichen. Gleichzeitig
soll durch den Einsatz von Schlichten das Aussehen der Oberfläche
von Gußstücken verbessert werden. Auch sollen Gußfehler,
wie Sandausdehnungsfehler und Penetrationen des flüssigen Metalls
in den Formstoff, und die damit verbundenen Vererzungen vermieden werden
[5,6]. Weiterhin ist es bei manchen Anwendungen erwünscht, die Randbereiche
von Gußstücken durch den Einsatz spezieller Schlichten metallurgisch
zu beeinflussen [7].
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3 Elektronenmikroskopische
Untersuchungen
Aufgrund obiger Anmerkungen ist es verständlich, daß im folgenden der Kontaktbereich Gießmetall - Formstoff bzw. Gießmetall - Schlichte Formstoff von besonderem Interesse ist. Auch ist es notwendig, die Schlichte auf geschlichteten, aber noch nicht abgegossenen Formstoffen zu betrachten. Hierzu werden Anschliffe von geschlichteten Formstoffen wie auch von Gußstücken hergestellt. Um den Übergang Gußstück - Schlichte - Formstoff in einem Präparat betrachten zu können, werden diese Proben ungeputzten Gußstücken entnommen. Diese Betrachtungen werden ergänzt durch einige Elementverteilungsbilder und durch Abbildungen dreidimensionaler Proben. Die hier beschriebenen Proben stammen
aus der betrieblichen Praxis. Daher sind die Versuchsbedingungen, gemessen
an den Ansprüchen von Laborversuchen, nicht exakt nachvollziehbar.
So sind z. B. die Gießtemperaturen nicht immer mit der hinreichenden
Genauigkeit bekannt. Daher handelt es sich hier nicht um eine systematische
Untersuchung. Vielmehr sind einige markante Fälle zur Demonstration
ausgewählt worden. Trotz dieser Einschränkungen veranschaulichen
die nachfolgenden Beispiele, wie sich Schlichten unter realen Einsatzbedingungen
verhalten.
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Bild 1. REM-Auf- nahme (Sekundär- elektronen) einer Vererzung von Gußeisen mit Lamellengraphit
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3.1 Vererzungen
Wird auf den Einsatz von Schlichten verzichtet oder unzureichend geschlichtet, so dringt die Schmelze während des Abgusses in die Poren des Formstoffes ein, und Randbereiche des Formstoffes werden mit Schmelze durchsetzt. Diese Vererzung hat zur Folge, daß ein Teil des Formstoffes äußerst fest mit dem Gußstück verbunden ist. Eine Entfernung ist nur mechanisch und mit sehr großem Aufwand möglich [8]. Das Ausmaß dieser Infiltration, d. h. die Tiefe des Eindringens der Schmelze in den Formstoff, wird in erster Linie durch den ferrostatischen Druck und durch die Größe der Poren des jeweiligen Formstoffes bestimmt [9,10]. Aber auch die Oberflächenspannung der Schmelze sowie ihr ferrodynamischer Druck dürften hierzu einen nicht zu unterschätzenden Beitrag leisten. In Bild 1 ist der Anschliff einer Vererzung in einer REM-Aufnahme zu sehen. Auf der rechten Seite befindet sich das Gußstück (Gußeisen mit Lamellengraphit). Auf der linken Seite sind einige Sandkörner auszumachen, die dem furanharz-gebundenen Formstoff entstammen. Die Sandkörrner werden teilweise von der Eisenschmelze umschlossen. Die Vererzung weist in diesem Fall eine Stärke von ca. 0,6mm bis 1,0mm auf. Es fällt auf, daß die Poren des Formstoffs hier nicht vollständig mit der Schmelze verfüllt sind. Die Ursache hierfür kann zum einen auf einen geringen ferrostatischen Druck zurückgeführt werden, der die Schmelze nicht genügend in den Formstoff eindringen läßt. Andererseits kann auch die Oberflächenspannung des Gießmetalls so hoch gewesen sein, daß die kleineren Poren des Formstoffes nicht verfüllt werden. Auch muß hier mit einer Abkühlung und damit verbundenen Erstattung der Schmelze gerechnet werden, weiche ebenfalls eine vollständige Verfüllung der Zwischenräume des Formstoffes verhindert. Dies kann vor allem beim Vergießen kleinerer Schmelzmengen auftreten. Bei geänderten Temperatur- und Druckbedingungen können die Poren eines Formstoffes bei einer Vererzung einen anderen Füllgrad aufweisen. Bild 2 zeigt einen vergrößerten
Ausschnitt aus der Mitte des Bildes 1. Die Vererzungen weisen graue Säume
in einer Breite von 15µm bis 20µm auf Sie enthalten neben dem
Eisen Phosphor, welcher der Phosphorsäure des Bindersystems entstammt.
Der Eisengehalt in diesen Säumen ist deutlich niedriger als im Inneren
der Vererzungen. Dies ist auch in Bild 3 sichtbar, welches die Elementverteilung
von FeKa
von Bild 2 zeigt. Auch finden sich an einigen Sandkörnern ebenfalls
Teile von Säumen. Sie entstehen durch die Bildung von Eisensilicaten
aus dem Quarzsand des Formstoffes und der Eisenschmelze während des
Abgusses. Es ist mit der Bildung von Fayalit (Fe2SiO4)
zu rechnen. Daher sind im Elementverteilungsbild neben den Vererzungen
auch teilweise die Konturen der Sandkörner auszumachen, welche Eisen
enthalten. Besonders das Sandkorn in der Mitte des oberen Drittels des
Bildes 2 zeigt an seiner unteren Seite einen deutlichen Saum. Dieser ist
im Elementverteilungsbild (Bild 3) wiederzufinden. Die Eisensilicate stellen
als Phasenneubildung eine Bindung zwischen dem Formstoff und dem Gußstück
dar, die nur mit hohem mechanischen Aufwand getrennt werden kann. Diese
Gußfehler sollen durch die Anwendung von Schlichten vermieden werden.
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Bild 4. REM-Auf- nahme (Sekundär- elektronen) eines geschlichteten Cold- Box-Formstoffes
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3.2 Geschlichteter
Formstoff vor dem Abgießen
In Bild 4 ist ein geschlichteter, coldbox-gebundener Formstoff wiedergegeben. Auf der gekrümmten Fläche ist deutlich erkennbar, daß die poröse Oberfläche des Formstoffes durch die Schlichte geschlossen und damit geglättet wird. Im vorderen Bereich der Probe wurde ein Teil des Formstoffes entfernt, um einen Blick in sein Inneres zu ermöglichen. Für diese Untersuchungen wurde eine Schlichte gewählt, welche als Hauptbestandteile Pyrophyllit, Kaolin und Muskovit enthält. Die Trägerflüssigkeit besteht aus Alkohol (2-Propanol). Die Schlichte wird in einer Schichtdicke von 0,20mm bis 0,25mm durch Tauchen aufgetragen und bei 105°C getrocknet. Es findet noch keine thermische Belastung durch Abgießen statt. Im Vordergrund des Bildes 4 ist zu erkennen, daß die Schlichte ca. 1mm tief in den Formstoff eindringt. Dabei werden die Poren zwischen den Sandkörnern teilweise gefüllt. Die tiefer gelegenen Sandkörner weisen auf ihren Oberflächen keine Partikel auf, die der Schlichte entstammen. Es sind hier lediglich Reste der aufgebrochenen Binderbrücken sichtbar. Bild 5 stellt einen Ausschnitt aus Bild 4 dar. Hier ist ebenfalls deutlich zu sehen, daß die Zwischenräume zwischen den Sandkörnern teilweise mit Feuerfeststoffen gefüllt sind, die der Schlichte entstammen. Bild 6 zeigt einen Ausschnitt aus Bild 5 in noch stärkerer Vergrößerung. In einer Matrix aus Pyrophyllit und Kaolin ist Muskovit als plättchenförmiges Mineral eingelagert. In der Literatur wird immer wieder
diskutiert, wie tief eine Schlichte in den Formstoff eindringen sollte
[11, 12]. Auf der einen Seite wird die Meinung vertreten, eine Schlichte
solle eine Trennschicht bilden, die lediglich auf dem Formstoff aufgebracht
ist. Ein Eindringen in den Formstoff sei unerwünscht. Auf der anderen
Seite wird eine deutliche und starke Penetration von Schlichten in den
Formstoff befürwortet mit der Begründung, daß so auch die
tiefer gelegenen Sandschichten geschützt werden sollen. Aufgrund der
Porosität der Formstoffe ist es grundsätzlich nicht zu vermeiden,
daß Bestandteile einer Schlichte in den Formstoff eindringen. Dieser
Effekt wird im wesentlichen durch die Oberflächenspannung der Trägerflüssigkeit
der Schlichte und durch die Kapillarwirkung des Formstoffes hervorgerufen.
Einige Auftragsverfahren, die eine starke Verdünnung von Schlichten
verlangen, begünstigen diesen Effekt. Hier dürfte unter anderem
das Tauchen zu nennen sein. Eine zu geringe Penetration kann möglicherweise
eine zu geringe Haftung der Schlichte auf dem Formstoff nach sich ziehen.
Bei einer starken Penetration dagegen besteht die Gefahr, daß nahezu
der gesamte Anteil der feuerfesten Füllstoffe der Schlichte in den
Formstoff eindringt und daß dann die Oberfläche des Formstoffes
nicht mehr ausreichend geschützt ist. Außerdem können hier
Schwierigkeiten bei der Trocknung der Schlichte in den unter der Oberfläche
gelegenen Teilen des Formstoffes entstehen. Auch kann bei zu starker Penetration
die Gasdurchlässigkeit der Formstoffe in ihrem Außenbereich
in ungünstiger Weise beeinflußt werden. Das Optimum der Penetration
von Schlichten in Formstoffen scheint bei den heute üblichen kunstharzgebundenen
Sanden bei ca. 0,7mm bis 1,0mm zu liegen.
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Bild 7. Anschliff eines geschlichteten Coldbox- Formstoffes, REM-Aufnahme (Sekundärelektronen)
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Zu dieser Problematik wird nun ein
Anschliff eines geschlichteten Formstoffes betrachtet. Das Probenmaterial
für diesen Anschliff wurde dem gleichen Formstoff entnommen, dem auch
die in den Bildern 4 bis 6 wiedergegebene Probe entstammt. Die Vergrößerungen
werden so gewählt, daß die Bilder des Anschliffes und die der
dreidimensionalen Probe vergleichbar sind. Bild 7 zeigt den geschlichteten
Formstoff und ist mit Bild 5 vergleichbar. Der Anschliff liegt senkrecht
zur geschlichteten Oberfläche des Formstoffs. Im oberen Bereich dieses
Bildes sind die Sandkörner des Formstoffes zu sehen. Die Schlichte
weist eine Schichtdicke von 0,2mm auf. Über den äußeren
Poren des Formstoffes kann die Schichtdicke der Schlichte bis zu 0,35mm
betragen. Es ist eine deutliche Ausbildung des Oberzuges als Schutzschicht
zu erkennen. Lediglich geringe Anteile der Schlichte sind in den Formstoff
eingedrungen. Die gewünschte Porosität und die damit verbundene
Gasdurchlässigkeit des Formstoffes werden daher nicht negativ beeinflußt,
eine unerwünschte Verdichtung des Formstoffes in seinem Randbereich
wird vermieden. Der Verfasser betrachtet den in Bild 7 dargestellten Sachverhalt
hinsichtlich der Penetration als wünschenswert.
Bild 8 ist ein Ausschnitt aus Bild
7 und zeigt die Schlichte in stärkerer Vergrößerung. Im
oberen Bereich dieses Bildes sind noch Teile der Sandkörner des Formstoffes
zu erkennen. Diese Aufnahme ist hinsichtlich der Vergrößerung
mit der von Bild 6 vergleichbar. Zuerst fallen hier die leistenförmigen
Minerale auf. Dies ist Muskovit, der senkrecht zu seiner plättchenförmigen
Ausbildung angeschnitten wird. Diese Leisten weisen eine Länge von
bis zu 150µm auf. Sie zeigen eine deutliche Einregelung parallel
zur Oberfläche des Formstoffes. Dadurch bilden sie eine Barriere,
die den Formstoff vor den Einwirkungen des Gießmetalls schützt.
Weiterhin können grobkörnige Pyrophyllitteilchen mit einer Längsausdehnung
von ca. 60µm im unteren, linken Bereich des Bildes ausgemacht werden.
Im wesentlichen liegt jedoch der Pyrophyllit in einer Korngröße
vor, die deutlich unter der des Muskovits liegt. Auch der Pyrophyllit zeigt
als Schichtsilicat eine entsprechende Einregelung parallel zur Oberfläche
des Formstoffes. Aus den Bildern 7 und 8 wird deutlich, daß eine
Schlichte sowohl grobkörnige wie auch feinkörnige Bestandteile
enthalten sollte. Während sich die grobkörnigen Partikel vorwiegend
in der äußeren Schlichteschicht auf dem Formstoff befinden,
füllen die feinteiligen Bestandteile zusätzlich noch die Poren
an der Oberfläche des Formstoffes. Auch sind es im wesentlichen die
feinkörnigen Bestandteile, die in den Formstoff penetrieren. Aus Bild
8 ist weiterhin zu erkennen, daß eine Schlichte, soweit sie noch
keiner thermischen Belastung ausgesetzt wird, keinen geschlossenen Film
bildet, sondern in einem lockeren Verband von feuerfesten Füllstoffen
vorliegt. Die Füllstoffe werden im wesentlichen durch geringe Anteile
an Bindemitteln wie Kunstharze gebunden. Die hier zu erwartende Gasdurchlässigkeit
ist von der gießtechnischen Seite her gesehen wünschenswert.
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Bild 9. REM-Auf- nahme (Sekundär- elektronen) eines geschlichteten, furanharz- gebundenen Formstoffes nach dem Abgießen |
3.3 Geschlichteter
Formstoff nach dem Abgießen
Nachstehend werden einige Schlichten betrachtet, die bereits durch einen Abguß thermisch belastet sind. Als Gießmetall werden Gußeisen mit Lamellengraphit und Gußeisen mit Vermiculargraphit gewählt. Die getrockneten Schlichten werden während des Abgießens Gießtemperaturen von ca. 1350°C bis 1400°C ausgesetzt. Durch diese Temperaturbelastung werden die Inhaltsstoffe von Schlichten verändert. Es finden im wesentlichen die folgenden Reaktionen statt: 1. Die organischen Bestandteile - dies sind in erster Linie Bindemittel und suspensionsstabilisierende Stoffe, aber auch andere Additive - werden bei Temperaturen bis 400°C zerstört. Die entstehenden Crack-Produkte gehen in die Gasphase über und können sich an den kälteren Stellen der Form niederschlagen. 2. Bei Temperaturerhöhung zeigen die Schichtsilicate Entwässerungsreaktionen, die im Temperaturbereich von ca. 100°C bis 750°C ablaufen können. Bei diesen Zerfallsreaktionen bricht das Kristallgitter zusammen, und es zeigt sich eine Wärmetönung. So verliert z. B. der Montmorillonit zwischen 100°C und 200°C das Zwischenschichtwasser. Im Bereich von 500°C bis ca. 750°C tritt eine fast vollständige Entwässerung aller Schichtsilicate ein, die sich durch den Verlust der OH--Gruppen bemerkbar macht. Die OH--Gruppen gehen ebenfalls in die Gasphase über. Der genaue Temperaturbereich ist von der Teilchengröße, vom Kristallisationsgrad sowie von der chemischen Zusammensetzung der einzelnen Schichtsilicate abhängig. 3. Ab etwa 800°C bilden die Schichtsilicate
wasserfreie Hochtemperaturphasen. So ist beispielsweise beim Kaolin ab
etwa 1100°C mit der Bildung von Mullit (3Al2O3.2SiO2)
zu rechnen. In Abhängigkeit von der jeweils vorherrschenden Temperatur
und dem Chemismus des Ausgangsmaterials können bei Anwesenheit von
Aluminium und Magnesium auch Spinell (MgAl2O4) oder
bei Anwesenheit von Magnesium Enstatit (Mg2Si2O6)
oder Cordierit (Mg2Al3[AlSi5O18])
gebildet werden. Muskovit zeigt als Hochtemperaturphase Spinell; bei weiterer
Temperaturerhöhung können Mullit und schließlich eine alkalimetallreiche
Schmelze entstehen.
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Bild 10. REM-Auf- nahme (Sekundär- elektronen) eines geschlichteten, furanharz- gebundenen Formstoffes nach dem Abgießen, Ausschnitt aus Bild 9
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Aus diesen Ausführungen wird verständlich, daß Schlichten bei Temperaturbelastung erhebliche Mengen an Gasen freisetzen. Quantitative Angaben zu den dadurch entstehenden Gewichtsverlusten von Schlichten in Abhängigkeit von der Temperatur finden sich in der Literatur [13]. Bild 9 zeigt eine REM-Aufnahme eines geschlichteten und abgegossenen Formstoffes. Die Hauptbestandteile der hier benutzten Schlichte sind Kaolin, Blauton, Muskovit und Chromit. Die Trägerflüssigkeit ist Wasser. Im unteren Bereich des Bildes ist ein Teil des Gußstückes zu sehen. Der geschlichtete Formstoff hat sich bereits etwas vom Gußstück gelöst. An der Grenze zwischen Formstoff und Gußstück befindet sich eine ca. 0,2mm starke Schlichteschicht. Da die Schlichte auch in den Formstoff eindringt, weisen die Sandkörner bis zu einer Tiefe von etwa 0,7mm Schlichtepartikel auf Bild 10 zeigt einen Ausschnitt aus der Mitte des Bildes 9. Hier ist deutlich die Schlichteschicht zu erkennen. Sie weist eine poröse Struktur auf und ist gesintert. Die hier zu beobachtende Porosität deutet auf erhebliche Gasmengen hin, die bei der thermischen Belastung der Schlichte freigesetzt werden. Im rechten Teil des Bildes sind in der Schlichte einige Chromitkörner auszumachen. Bild 11 zeigt in einer REM-Aufnahme einen Anschliff dieser Schlichte in stärkerer Vergrößerung. Die Grundmasse der Schlichte ist gesintert. Die Sinterung einer Schlichte ist wünschenswert, da so während des Abgießens eine feste, keramische Hülle um das Gußstück gebildet wird. Sie erleichtert das Putzen der Gußstücke erheblich, da die Schlichte dann als kompletter Film entfernt werden kann. Auch widersteht eine gesinterte Schlichte der Erosion durch die einströmende Schmelze, ein Abspülen der feuerfesten Füllstoffe wird so vermieden oder zumindest teilweise unterbunden. In der gesinterten Schlichteschicht finden sich die bereits oben erwähnten Poren wieder, die auf eine Gasentwicklung während des Abgießens hinweisen. In der gesinterten Grundmasse der Schlichte finden sich einige Chromitkörner, vor allem im unteren Bereich des Bildes. Sie werden während des Abgießens nicht aufgeschmolzen. Bild 12 zeigt eine Elementverteilungsaufnahme für SiKa des Bildes 11. Da nahezu alle feuerfesten Bestandteile von Schlichten Silicium enthalten, ist es sinnvoll, dieses Element zur Darstellung einer Schlichte in einem Elementverteilungsbild zu wählen. Die Chromitkörner sind im Elementverteilungsbild ebenso wie die Poren der gesinterten Schlichte als dunkle Bereiche im rechten Teil des Bildes zu erkennen, da sie kein Silicium enthalten und somit hier kein Signal geben. In diesem Gußstück finden sich einige Einschlüsse. So ist im oberen Bereich des Bildes 11 ein ca. 20µm großer Einschluß zu sehen, der Silicium enthält. Seine Herkunft ist nicht geklärt. Es könnte sich aber hierbei um Schlacke handeln, die zusammen mit dem Gießmetall eingeschleppt wird. |
Bild 13. REM-Auf- nahme einer Pyro- phyllit-Schlichte nach dem Abgießen
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Bild 13 zeigt eine Schlichte nach
dem Abgießen, die im wesentlichen aus Pyrophyllit besteht. Auch hier
ist der Formstoffüberzug in einer Dicke von ca. 0,2mm vorhanden. Im
Unterschied zur vorher beschriebenen Schlichte, basierend auf Kaolin, Blauton,
Muskovit und Chromit, ist zu erkennen, daß diese Schlichte weniger
stark gesintert ist. Die einzelnen Mineralphasen sind noch deutlich erkennbar.
Die geringe Neigung zum Sintern ist im wesentlichen auf einen geringeren
Anteil an Flußmitteln (z. B. Na2O, K2O und
Fe2O3) in den Rohstoffen dieser Schlichte zurückzuführen.
Bild 14 zeigt einen Anschliff einer
Schlichte, bestehend aus Pyrophyllit mit deutlichen Anteilen an Muskovit.
Hier ist nahezu die gesamte Schlichte gesintert. Dieser Überzug ist
auch von zahlreichen Poren durchsetzt und liegt in einer Stärke von
ca. 0,1mm vor. Bild 15 zeigt die Elementverteilung für SiKa
von Bild 14. Im rechten Teil des Bildes ist ein Sandkorn des Formstoffes
deutlich an seinem hohen Siliciumgehalt zu erkennen. Zwischen Formstoff
und Gußstück befindet sich die Schlichte. Sie besteht im wesentlichen
aus siliciumhaltigen Mineralen. Außerdem sind hier zwei siliciumreiche
Körner im Schlichteüberzug enthalten. Eines befindet sich am
Kontakt zum Gußstück, ein weiteres ist oberhalb des Sandkornes
des Formstoffes sichtbar. Hierbei kann es sich um Quarz handeln, der den
Rohstoffen entstammt. Auch besteht die Möglichkeit, daß die
Schlichte vor dem Auftrag mit Sandkörnern des Formstoffes verunreinigt
wurde. Dies kann z. B. in einem offenen Tauchbecken geschehen.
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Bild 16. REM- Auf- nahme (Sekundär- elektronen) einer Zirkon-Schlichte
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Anders verhält sich eine Schlichte während des Abgießens, wenn ein hochfeuerfestes Mineral wie Zirkon (Zirkonsilicat, ZrSiO4) als wesentlicher Bestandteil in die Formulierung eingebracht wird. Bild 16 zeigt eine solche Schlichte; am oberen Bildrand ist noch ein Teil des Gußstückes sichtbar. Hier liegt Zirkon in einer Grundmasse aus Bentonit und Kaolin vor. Die Grundmasse ist wiederum zu einem Film gesintert und zeigt durch die Gasentwicklung gebildete Poren. In diesem Film sind die Zirkonkörner eingebettet. Nach dem Abgießen sind an den Zirkonkörnern keine Veränderungen durch thermische Einwirkung zu beobachten. Um die Zirkonkörner deutlicher wiedergeben zu können, wird in Bild 17 eine REM-Aufnahme gezeigt, die mittels Rückstreuelektronen entstand. Der Ausschnitt entspricht dem des Bildes 16. Bei einer Rückstreuaufnahme werden die Teile eines Präparates heller abgebildet, die schwerere Elemente (d. h. Elemente mit einer höheren Ordnungszahl) enthalten, da das Rückstreuvermögen für Elektronen mit steigender Ordnungszahl zunimmt und somit die Helligkeit der Bildpunkte größer wird. So sind in Bild 17 Zirkonkörner als weiße Bestandteile in der Schlichte sichtbar. Mit dieser Aufnahmetechnik wird auch das im oberen Bereich des Bildes sichtbare Gußstück deutlich heller abgebildet als in Bild 16. |
Bild 18. REM-Auf- nahme (Rückstreu- elektronen) eines Überganges Guß- stück-Schlichte
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Wird nun eine Schlichte dahingehend verändert, daß sie deutliche Mengen an Flußmitteln und niedrig schmelzenden Verbindungen enthält, so wird der gesamte Überzug zu einem dichten Film sintern und kann bei den Gießtemperaturen eine silicatische Schmelze bilden. Die Flußmittel können durch minderwertige Rohstoffe eingeschleppt werden. Es besteht aber auch die Möglichkeit, sie gezielt in die Formulierung einzubringen. Durch ein Aufschmelzen der Schlichte wird während der Formfüllung ein Teil der Strahlungsenergie verbraucht und kann so nicht mehr auf den Formstoff einwirken. Durch den Einsatz von schmelzenden Verbindungen kann daher die Oberflächentemperatur von Formstoffen während des Gießvorganges herabgesetzt werden. Dies ist eine Möglichkeit, Sandausdehnungsfehler zu vermeiden [14]. Bild 18 zeigt ein Gußstück aus Gußeisen mit Vermiculargraphit, auf dem sich noch Reste einer solchen Schlichte befinden. Der Formstoff und Teile der Schlichte wurden entfernt. Die verbleibende Schicht weist eine Stärke von ca. 20µm bis 30µm auf. Hier ist ein glasartiger Überzug zu sehen, einzelne Mineralphasen sind nicht mehr auszumachen. Es handelt sich um eine erstarrte Schmelze, in der sich zahlreiche Poren befinden. Sie werden durch freigesetzte Gase gebildet. Die Schmelze muß bei Temperaturbelastung eine sehr geringe Viskosität gehabt haben, da zu diesem Zeitpunkt bereits kleinere Blasen zu größeren gewandert sind und sich mit diesen vereinigt haben. Dies ist zu erwarten, da Blasen bei konstantem Volumen immer nach kleinster Oberfläche und damit kleinster Oberflächenenergie streben. Daher ist ein Bereich der Schlichte in der Nähe des Gußstückes bereits an Poren verarmt. Durch das Aufschmelzen von Schlichten lassen sich sehr glatte Oberflächen von Gußstücken erzielen. In diesem Fall umschließt die Schlichte ein Gußstück, an dessen Oberfläche gut ausgebildete Austenit-Kristalle zu sehen sind. Es lassen sich auf diesem Weg Gußoberflächen schaffen, deren Rauhigkeit lediglich durch die Größe der ausgeschiedenen Primärkristalle bestimmt wird. Bild 19 zeigt die Elementverteilung von SiKa von Bild 18. An der Verteilung des Siliciums ist die Schlichteschicht deutlich zu erkennen, die Poren sind als schwarze Bereiche abgebildet. Ähnlich verhält es sich mit der Probe, die in Bild 20 wiedergegeben ist. Hier ist wiederum eine REM-Aufnahme eines Gußstückes aus Gußeisen mit Vermiculargraphit zu sehen, an welchem sich Reste einer Schlichte befinden. Der Formstoff und Teile der Schlichte sind durch Putzen des Gußstückes entfernt worden. Der untere rechte Bereich dieses Bildes zeigt das Einbettungsmittel. Die Reste der Schlichteschicht sind ca. 25µm bis 40µm stark. Auch hier ist das Aufschmelzen der Schlichte zu einem glasartigen Film zu sehen. Einzelne Mineralphasen sind trotz starker Vergrößerung in Bild 21 nicht mehr zu erkennen. Auch in diesem Überzugstoff finden sich Poren. Sie rühren ebenfalls von Gasblasen her, die in der Schmelze eingefroren wurden. Daß die Schlichte hier aufgeschmolzen wurde, kann man deutlich an den rundlichen Blasen erkennen, die glatte Innenflächen aufweisen. |
4 Ergebnisse
der elektronenmikroskopischen Untersuchungen
Es wurden elektronenmikroskopische Untersuchungen an Form- und Kernschlichten durchgeführt. Hierzu wurden sowohl Anschliffe wie auch dreidimensionale Präparate hergestellt. Dabei wurden die Schlichten in thermisch unbelastetem Zustand, d. h. vor dem Abgießen, wie auch nach einer thermischen Belastung durch das Abgießen betrachtet. So kann mit diesen Untersuchungen ihre Wirkungsweise beurteilt werden. Im thermisch unbelasteten Zustand ist
es möglich, Aufbau und Textur einer Schlichte auf dem Formstoff zu
studieren. Hierfür wird ein Beispiel gegeben. Weiterhin wird gezeigt,
daß sich Schlichten bei Temperaturbelastung unterschiedlich verhalten
können. je nach Zusammensetzung könneu sie mehr oder weniger
stark sintern. Sie können jedoch auch in Abhängigkeit von ihrem
Chemismus nahezu vollständig aufschmelzen und einen glasartigen Film
bilden. Je nach Anwendungsfall können das eine oder andere Extrem
oder auch Zwischenstufen erwünscht sein. Sie lassen sich durch entsprechende
Formulierungen gezielt einstellen. Die elektronenmikroskopischen Untersuchungen
ermöglichen somit, Schlichten unter realen Einsatzbedingungen zu beurteilen,
was mit den bisher im allemeinen durchgeführten Prüfversuchen
an den Schlichten im Anlieferungszustand nicht möglich ist. Diese
Untersuchungen sollten jedoch nicht isoliert betrachtet werden, sondern
bedürfen der Korrelation mit den Ergebnissen anderer Untersuchungsmethoden.
Nur so kann ein vollständiges Bild des Verhaltens von Form- und Kernschlichten
gewonnen werden.
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5 Zusammenfassung
Elektronenmikroskopische Untersuchungen
der Grenzfläche Guß Schlichte - Formstoff ermöglichen es,
die Wirkungsweise von Schlichten unter realen Gießbedingungen zu
beurteilen. Hierzu wurden einige Anschliffe sowie dreidimensionale Proben
hergestellt und mit Hilfe der Elektronenmikroskopie untersucht. Das Verhalten
von Form- und Kernschlichten sowohl vor als auch nach dem Abgießen
wird diskutiert und mit Hilfe einiger REM-Aufnahmen belegt.
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6 Schrifttum
[1] Prüfung von Formüberzugstoffen.
VDG-Merkblatt P 79. Verein Deutscher Gießereifachleute, Düsseldorf,
März 1976.
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S. Rudolph
aus: Gießerei-Praxis Heft 6 / 1993, S. 102-110, Fachverlag Schiele & Schön, Berlin |
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